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Fußball und Kartellrecht
Kein Team

Wenn am 14. Juni die Fußball-EM beginnt, ist Düsseldorf einer der zehn Austragungsorte. Dazu hat die Stadt Verträge mit der UEFA geschlossen, sich etwa verpflichtet, innerhalb eines grundsätzlich ca. 500 m Radius vom Stadion und im Umfeld von Fanzonen keine Werbung von Nicht-UEFA-Werbepartnern zuzulassen. Ist das juristische sauber? Dr. Lukas Höfling hat sich im Dissertation mit Host-City-Contracts beschäftigt, also mit Verträgen, die die Städte mit der UEFA geschlossen haben. Der Jurist und erklärte Fußballfan hat bei Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Lehrstuhl für Wettbewerbsrecht) zur kartellrechtlichen Überprüfung solcher Verträge promoviert.

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Host-City-Contracts sind Vertragsgeflechte, in deren Rahmen Städte und Staaten mit den Sportverbänden Vereinbarungen abschließen, wenn sie Großereignisse wie die Fußball-EM oder Olympische Spiele ausrichten. Das Ergebnis ist ernüchternd: Höfling fand eine Vielzahl kartellrechtlicher Probleme und stellte u.a. fest, dass zum Beispiel Behörden Verträge abschließen müssen, die sie gar nicht einhalten können.

Das Problem beginnt etwa bei der Fußball-Europameisterschaft schon ganz oben: „Die UEFA, als europäischer Dachverband des Fußballs, schließt Vereinbarungen mit der Regierung des ausrichtenden Landes ab“, erklärt Höfling. Darin gibt sie Garantien ab, etwa zum geistigen Eigentum, dem intellectuell property (IP), wozu auch Marken-, Design- und Urheberrecht zählt. „Die Regierung geht hier teilweise Verpflichtungen ein, die sie eigentlich gar nicht unterzeichnen kann“, so Höfling, „Denn diese Verpflichtungen zielen auf den Erlass von Gesetzen und die werden in Rechtsstaaten durch die Legislative geschaffen. Nicht durch die Regierung.“ Zudem werden nach Höflings Recherchen, die Regierungen und die Städte von den Sportverbänden in Dienst genommen: „Es werden z.B. sogenannte ‚Clean Zones‘ in den Städten errichtet, in denen Werbemöglichkeiten begrenzt werden und sogar die geschäftliche Tätigkeit von Bestandsunternehmen erheblich eingeschränkt wird. All dies erfolgt letztlich nur aufgrund des Interesses der Sportverbände, einen besonders hohen Vermarktungsumsatz und -gewinn mit der Veranstaltung zu erzielen.“ 

Zudem zielen die strengen Regeln der UEFA darauf ab, zum Beispiel jegliche Art der werblichen Nutzung bestimmter Bezeichnungen zu verhindern: „Kein Unternehmen kann jede mögliche Form der Werbung mit Begriffen aus dem allgemeinen Sprachgebrauch verhindern“, so der Kartellrechtler, „aber genau das soll nach dem Willen von UEFA und IOC für Begriffe wie „Düsseldorf 2024“ oder „olympisch“ geschehen.“ Nach Höflings Recherchen werden für die Ausrichtungen der sportlichen Großereignisse in den allermeisten Staaten geltende Gesetze gezielt zugunsten der Sportverbände geändert. „Die Sportverbände sind weitestgehend in der Lage, die Bedingungen der Ausrichtung einseitig vorzugeben - also eine Art ‚take-it-or-leave-it‘-Ansatz zu fahren“, so Höfling. „Auf diese Weise können die Sportverbände neben erheblichen Steuererleichterungen teilweise sogar Sondergesetze zum Schutz bestimmter Bezeichnungen durchsetzen.“ Die Recherchen zeigten allerdings auch, dass es der deutschen Bundesregierung gelang, rechtskonforme Garantien durchzusetzen.

Auch Düsseldorf, einer der zehn Austragungsorte der nächsten Fußball-Europameisterschaft im Sommer, hat solche Verträge unterzeichnet. Wie alle Städte trägt Düsseldorf bspw. die Kosten für die Sicherheit. Die Stadt hat sich verpflichtet, innerhalb eines grundsätzlich ca. 500 m Radius vom Stadion und im Umfeld von Fanzonen keine Werbung von Nicht-UEFA-Werbepartnern zuzulassen. Public Viewings sollen nur auf Genehmigung der UEFA erlaubt werden. „Damit legt die UEFA Regeln für Menschen und Unternehmen fest, die keine Vertragspartner*innen der UEFA sind,“ so Höfling, „das geht eigentlich nicht. Die UEFA nutzt den Hoheitsanspruch der Stadt, um die wirtschaftlichen Interessen ihrer offiziellen Sponsoren zu schützen. Das kann sonst kein Unternehmen.“

Viele ahnen, dass es solche rechtlichen Probleme gibt, doch bislang blieben die letztlich unterzeichneten Verträge größtenteils vor der Öffentlichkeit verborgen. „Im Rahmen seiner Dissertation ist es Lukas Höfling gelungen, die Verträge, die als geheim gelten, einzusehen“, so sein Doktorvater Prof. Dr. Rupprecht Podszun. „Höfling hat zahlreiche Dokumente zugänglich gemacht und sich in mühevoller Recherchearbeit den Zugang zu Informationen erkämpft.“ Die Verträge, die die Städte mit der UEFA schließen, sind eigentlich nicht öffentlich, nur einige Musterverträge waren bislang bekannt. Doch innerhalb der Arbeit an seiner Dissertation gelang es Höfling, die Verträge einzusehen, das Informationsfreiheitsgesetz machte es möglich. „Die Stadt Düsseldorf selbst war sehr kooperativ“, betont der Jurist, „es sind die Geheimhaltungsverpflichtungen der Städte mit der UEFA und dem DFB, die die Einsicht erschweren. Denn diese Verträge werden nur zu einem gewissen Teil veröffentlicht, obwohl sie offenkundig nicht nur eine große gesellschaftspolitische, sondern auch ökonomische Bedeutung haben.“

Was also tun? Gibt es eine Möglichkeit, diese rechtlich schwierige Lage auf vernünftige Füße zu stellen? Höfling sieht hier ganz klar einen erfolgversprechenden Ansatz im europäischen Kartellrecht. „Das gilt in Europa einheitlich und deshalb könnte die EU-Kommission Möglichkeiten zur langfristigen, europaweiten Regelung schaffen, bspw. durch unverbindliche, kartellrechtskonforme Mustergarantien. In die Erarbeitung könnten auch die Sportverbände einbezogen werden. Die Macht, die die EU hat, ist nicht zu unterschätzen. Man sollte den Sport nicht den Autokratien überlassen.“

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Kategorie/n: Schlagzeilen, Pressemeldungen
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